Hubertus Väth, Geschäftsführer NewMark, widmet seine Kolumne im Frauenfinanzmagazin „Courage“ den mutigen Unternehmerinnen und Start-Ups. Er ehrt deren Kampf um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – ein Balanceakt, den er aus nächster Nähe kennt und für den er tiefen Respekt hegt in einem Land, das Unternehmerinnen vor besondere Herausforderungen stellt.
Beim Ringen um Gleichberechtigung kommt der Finanzindustrie eine Schlüsselrolle zu. Hier werden Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen getroffen und damit der Daumen für Ideen und Unternehmungen gehoben oder gesenkt. Aber längst besteht die Finanzindustrie nicht mehr nur aus großen, monolithischen Banken: Mittlerweile gibt es unzählige kleine Unternehmen, die sich um Finanzthemen kümmern und uns im Alltag helfen. Das zeigt: Wer etwas bewegen will, muss nicht mehr den traditionellen Weg über eine Banklehre gehen, nicht groß anfangen. Im Gegenteil: Nirgendwo lässt sich mehr bewegen als bei Start-ups. Keines der heutigen Milliardenunternehmen hat groß angefangen – wir alle kennen die Geschichten über Firmen, deren Gründer einst in der elterlichen Garage den Grundstein für heutige Großkonzerne legten. Mit Verena Pausder als Vorstandsvorsitzender des Startup-Verbands hat die deutsche Start-up-Szene ein neues, weibliches Gesicht, das die Sache der Gründerinnen nicht besser vertreten könnte. Sie wird gehört, geachtet und stellt die Weichen maßgeblich mit. Für mich ist sie eine große Ermutigung für Frauen, die Gründung zu wagen.
Keine Frage, der Weg für Frauen in der Start-up-Szene ist nicht leicht: Gerade mal 20 Prozent aller Gründungen gehen von Frauen aus, und von Frauen geführte Start-ups erhalten im Schnitt seltener und weniger Investorengeld (Quelle: KfW). Einer der Gründe ist: Venture Capital ist noch männlich. Dennoch lohnt es sich, diesen Weg einzuschlagen. Wohlstand wird in Deutschland noch immer überwiegend mit unternehmerischer Tätigkeit erarbeitet. Wer wie ich in einer Familie aufwächst, in der die Eltern gemeinsam ein Unternehmen führen – in meinem Fall eine Metzgerei mit Cateringbetrieb –, hat eine andere Sicht auf viele Dinge. Auch in meiner Familie waren die Rollen klar verteilt: Während der Vater den Einkauf, die Buchhaltung und die Produktion leitete, lag die Verantwortung für den Verkauf, das Marketing und den Kundenservice bei der Mutter. Erziehung und Haushalt erledigte, wer gerade Luft hatte. Ganz gleich, wer mal ausfiel, mal erkrankte: Die oder der andere musste einspringen. Im Laufe der Jahre verschob sich aber die Rollenverteilung. Mit dem zunehmenden Wettbewerb durch große Ketten wurde Catering und damit Kundenservice immer mehr zum zentralen Erfolgsfaktor. Als wir schließlich die Produktion gänzlich einstellten und nur noch hochklassigen Service mit zugekauften Produkten betrieben, war die Mutter, nach dieser Transformation, die natürliche Chefin. Es war die unternehmerisch richtige Lösung, um im Wettbewerb zu bestehen. Und es ist ein Beispiel, das uns Mut machen sollte.
Frauen haben die Chance, sich an die Spitze des Wandels zu stellen. Mit ihren Ideen, ihrer Kreativität und natürlich mit viel Mut, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Dass sie dabei erfolgreich sein können, daran habe ich keinen Zweifel nach meinen Erfahrungen als serieller Gründer und in mehr als 25 Jahren als Inhaber einer Kommunikationsagentur mit Fokus auf die Finanzbranche. In dieser Zeit habe ich mit vielen hoch qualifizierten Frauen arbeiten dürfen und einigen von ihnen geholfen, den Weg in die eigene Selbstständigkeit oder die Vorstandsetage zu finden. Sie hatten es schwerer als männliche Kollegen, was ich schon immer als ungerecht empfand. Aber endlich ändern sich die Zeiten. Es geht voran. Besinnt Euch auf Eure Stärken und haltet Kurs. Die Zeit ist auf Eurer Seite. Tretet hervor. Habt Mut. Und schaut vielleicht mal in Eure Garage, ob da nicht schon lange ein Plätzchen auf Euch und Eure Ideen wartet.