„Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe“. Diese geflügelten Worte werden dem ehemaligen englischen Premierminister Sir Winston Churchill zugeschrieben. Wenn man bösen Zungen Glauben schenkt, trifft das Zitat auch auf die gegenwärtig viel diskutierten Finanzplatzindizes zu. Dabei sollen die Rankings und Ratings Orientierung bieten für Entscheidungsträger in Politik und Finanzwirtschaft. Aktueller „Goldstandard“ ist der vom Londoner Think-Tank Z/Yen veröffentlichte Global Financial Centres Index, dessen vierunddreißigste Ausgabe (GFCI 34) im September 2023 veröffentlicht wurde. Der GFCI 34 enthält Bewertungen der künftigen Wettbewerbsfähigkeit und Ranglisten für 121 Finanzzentren auf der ganzen Welt. Die Bewertungen basieren einerseits auf 147 instrumentellen Faktoren aus zumeist namhaften Quellen, in der Regel quantitative Messgrößen. Andererseits werden persönliche Einschätzungen der Teilnehmer eines Online-Fragebogens berücksichtigt. Der GFCI 34 basiert auf 53.789 Einschätzungen von 9.097 Befragten. Neben dem Global Financial Centres Index veröffentlicht Z/Yen zudem den Global Green Finance Index und den Smart Centres Index.
Was auf den ersten Blick transparent wirkt, ist in der Praxis nicht immer nachzuvollziehen, da Einblicke in die Gewichtung der Daten und den Aggregationsmechanismus fehlen. Größere Auf- und Abstiege im Ranking können oftmals nur mit einem Bauchgefühl begründet werden. Skepsis kommt insbesondere dann auf, wenn sich einzelne Finanzplätze unter Wert platziert sehen. Frankfurt konnte sich zuletzt verbessern und wird derzeit auf Platz 14 des Index einen Rang vor Paris geführt – die Zahl der Zweifler ist in der Main-Metropole daher kleiner geworden.
Mehr Transparenz bei Finanzplatzindizes gefordert
Mittlerweile ist Z/Yen nicht mehr der einzige Herausgeber eines Finanzplatzindex. Nach rund sieben Jahren Entwicklungszeit hat das französische Institut Louis Bachelier (ILB) im November 2023 zusammen mit dem Frankfurter Centre for Financial Studies den Open Financial Ecosystem indeX (OFEX) vorgestellt. „Das Hauptziel von OFEX besteht darin, ein offenes, transparentes, objektives und flexibles Instrument zur Verfügung zu stellen, das frei genutzt werden kann, um die Attraktivität von Finanzzentren auf der Grundlage aktueller Daten aus zuverlässigen Quellen zu untersuchen.“, so der auf der Website des Instituts formulierte Anspruch. Mit 55 Indikatoren in 4 Kategorien ist die Datenbasis weniger umfangreich, dafür lassen sich alle Indikatoren einzeln nachverfolgen. Zudem können Finanzplatzinteressierte einzelne Indikatoren ausschließen und so einen eigenen Index zusammenstellen. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel ermitteln, welchen Einfluss der Bereich Infrastruktur und die Zahl der Passagiere am Frankfurter Flughafen auf die Bewertung des Finanzplatzes haben. Frankfurt ist im OFEX übrigens auf dem 6. Platz (und damit einen Rang hinter Paris) platziert.
Fazit
Da bereits die Auswahl der Indikatoren der Finanzplatzindizes subjektiv ist, wird es kaum gelingen, ein allerseits anerkanntes Rating und Ranking zu erstellen. Dennoch sind die Indizes geeignet, um Entwicklungen über die Zeit zu erkennen und ein Leistungsprofil zu erkennen. Eigene Stärken und gute Indexplatzierungen lassen sich kommunikativ nutzen. An den Schwächen sollte man arbeiten, denn schon der oben genannte Churchill wusste: „Man löst keine Probleme, indem man sie aufs Eis legt.“